Kantor Karl Semler 1847 – 1933 (Teil 1)
„Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen!“ Diese Ermunterung aus dem Epheserbrief schmückt die Chorempore unser St.-Andreaskirche seit dem Umbau von 1910.
Hier (oben) wird die Orgel gespielt, singen Chor und Solisten bei besonderen Gottesdiensten unter der Leitung der Kirchenmusiker. Ein bemerkenswerter in diesem Amt war einer, der der Kirchengemeinde „genau ein halbes Jahrhundert gedient hat, in Tagen des Glückes und des Leides unseres Volkes“; so formuliert Pfarrer Puttkammer es 1933 in der Sterbeanzeige für Kantor Karl Semler. Er führt fort: „Ein ganzes Kapitel Kirchengeschichte ist in seinem Leben, ein Kapitel unvergleichlicher Treue in ihm verkörpert gewesen. Generationen von Pastoren war er der unentbehrliche Berater“.
Karl Semler saß aber nicht nur an der Kirchenorgel, sondern unterrichtete auch an der Stadtschule. In Preußen war seit dem 19. Jahrhundert das Amt des Volksschullehrers mit dem Amt des Organisten verbunden. An den Volksschullehrerseminaren wurden die angehenden Lehrer zugleich auf der Orgel ausgebildet. Kirche (als damalige Staatkirche) und Schule unterstanden der „königlichen Regierung, Abteilung Kirche- und Schulwesen“ in Potsdam. Das Gehalt des Organisten kam – wie auch das der Geistlichen – aus der Staatskasse.
Karl Semler wurde am 24. Februar 1848 in Löwenbruch, Kreis Teltow, geboren. Nach Schulbesuch und Abitur besuchte er das preußische Volksschullehrerseminar, das von 1851 bis 1926 im Schloss Cöpenick bei Berlin untergebracht war. Bereits nach der ersten Prüfung 1870 wurde ihm die fünfte Lehrerstelle zu Teltow zugewiesen, 1872 rückte er auf die dritte Lehrerstelle auf, verbunden mit der Küsterstelle an der St.-Andreaskirche. In der zweiten Prüfung wurde ihm die Befähigung für den Organistendienst mit einem „genügend“ bescheinigt. 1876 heiratete er Luise Merten, das Ehepaar blieb kinderlos und wohnte in der Ruhlsdorfer Straße Nr. 1. 1877 rückte Semler weiter auf die zweite Lehrerstelle an der Teltower Volksschule auf und übernahm, nachdem der erste Lehrer und Cantor Lüdicke aus seinem Amt ausschied, in dessen Nachfolge nunmehr an der Teltower Kirche auch den Organisten- und Kantorendienst.
Sorgenkind Orgel
Mit dem Zustand der Orgel war der Kirchenmusiker allerdings nicht glücklich. Die 1823 in die Kirche eingebaute Buchholz-Orgel musste bereits 1868 überholt werden. 1892 wandte sich Semler schriftlich an den „hochlöblichen Gemeindekirchenrath zu Teltow“, mahnte eine gründliche Reinigung an und beklagte, dass sie verstimmt sei. Außerdem seien die Pedale abgetreten und, weiter, (ist) „das ganze Gebläse sehr locker und bedarf der Dichtung, wenn das Werk nicht in vielleicht schon kurzer Zeit den Dienst gänzlich versagen soll“. Obwohl die Mängel 1883 beseitigt wurden, ergab eine gründliche Kirchenbesichtigung 1906, „dass die Orgel so gut wie ganz versagt“. So bekam die Andreaskirche beim Umbau 1910 – im Jahr von Semlers Eintritt in den Ruhestand - eine neue (dritte) Orgel aus der Werkstatt der Fa. Schuke, Potsdam. Diese ist auch heute noch in Betrieb.
(Fortsetzung folgt)
Thomas Karzek