Dass Teltow einmal ein eigener Kirchenkreis war und der Superintendent – eben – hier in der Teltower Ritterstraße seinen Amtssitz hatte, das habe ich noch selbst miterlebt. Superintendent Corbach führte mich 1996 zum Kennenlernen durch „seinen“ Kirchenkreis von Diedersdorf bis Kleinmachnow, als ich damals in eben diesen Kirchenkreis kam. In meinem späteren „Amtszimmer“ in der Ritterstraße gab es noch ein Regal, dessen Fächer die Aufschriften Mahlow, Großbeeren oder Rangsdorf trugen.
Dieser Kirchenkreis Teltow war im Grunde genommen eine Notlösung, als die damals zum Kirchenkreis Zehlendorf gehörigen Kirchengemeinden, die auf dem Gebiet der DDR lagen, durch den Mauerbau 1961 von ihrer Anbindung an den Westen Berlins getrennt wurden. Erst 1997 konnte diese Trennung geheilt werden und seit 1999 trägt der zum großen Teil wiedervereinigte Kirchenkreis den Namen „Teltow-Zehlendorf“ mit dem Sitz der Superintendentur in der Zehlendorfer Kirchstraße.
Dass aber schon weit früher die Leitung eines - der sogar größten - Kirchenkreise in der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union ihren Sitz in Teltow hatte, hat sich mir erst kürzlich erschlossen: Es handelte sich um den Kirchenkreis Kölln-Land I (bitte nicht mit dem rheinischen Köln mit einem „l“ verwechseln, das wäre etwas zu weit gegriffen). Zur Herkunft des Namens muss man in die Geschichte des benachbarten Berlin schauen, das sich im 14. Jahrhundert durch die Vereinigung der beiden Städte an der Spree Berlin und Kölln (damals noch mit „C“) zusammensetzte.
Nach der Reformation wurde 1541 der Teil der alten (katholischen) Probstei Berlin, der links (südlich) der Spree gelegen war, an die neu errichtete Probstei Kölln überwiesen. Diese wurde 1812 in eine Stadt- und eine Landsuperintendentur aufgeteilt. Die dabei entstandene „Diözese“ Kölln-Land wurde 1886 nun noch einmal aufgeteilt mit den verwaltungstechnischen Bezeichnungen Kölln-Land I und Kölln-Land II. „Unser“ Kirchenkreis Kölln-Land I umfasste die im nordöstlichen Teil des Landkreises Teltow gelegenen evangelischen Kirchengemeinden. Viele dieser Gemeinden gehören seit 1920 zum Berliner Stadtgebiet.
Der erste Superintendent Pelkmann hatte daher folgerichtig seinen Amtsitz an der St. Petri Kirche zu Kölln. Später, 1850, gelangte der Sitz der Superintendentur aber nach Teltow, der Bedeutung und Größe des damaligen kommunalen Landkreises Teltow geschuldet. Zu dessen Gebiet gehörte das südlich der Spree gelegene Umland Berlins. Wilhelm von Hengstenberg war bereits seit 1841 Pfarrer an der St. Andreaskirche, 1850 übernahm er – nebenamtlich – auch die Leitung des Kirchenkreises Kölln Land. V. Hengstenberg lockten allerdings andere Ämter; er verließ Teltow und wurde angesehener Hof- und Domprediger in Berlin. Sein Nachfolger war Wilhelm Pippart. Er versah das Superintendentenamt bis 1858, ihm folgte Gustav Mühlmann, der neun Jahre lang den Kirchenkreis leitete. Ihm folgte Heinrich August Encke, der bis 1875 in Teltow wirkte und in diesem Jahr auch verstarb. Sein Grabmal ist auf dem Teltower Friedhof zu finden. In seiner Amtszeit erfolgte die Teilung von Kölln-Land in die Kirchenkreise Kölln-Land I und Kölln-Land II, daher noch die alte Bezeichnung „Diözese“ auf seinem Grabstein. In seinem Amtsbereich verblieben die Großgemeinden Blankenfelde, Deutsch-Wilmersdorf, Diedersdorf, Friedenau, Gröben, Großbeeren, Groß-Lichterfelde, Grunewald, Siethen, Stahnsdorf, Steglitz, Teltow selbst und Zehlendorf – mit ihren jeweiligen Filialgemeinden. Der Grabstein seines Nachfolgers Anton Christian Lange steht ebenfalls noch auf unserem Friedhof. Er übte sein Amt als Superintendent ganze 24 Jahre aus und verstarb im Jahre 1900 an seinem 70. Geburtstag. Johannes Schaper und D. Waldemar Macholz waren die letzten beiden Teltower Superintendenten.
Mit der Gründung Groß-Berlins im Jahre 1920 und dem damit einhergehenden Wachstum der Stadt verschoben sich die kommunalen Gewichtungen erheblich. Daher wurde die Superintendentur des Kirchenkreises Kölln-Land I 1925 nach Lichterfelde in Berlin verlegt. Max Diestel leitete den Kirchenkreis von da an 23 Jahre, bis er 1948 mit 75 (!) Lebensjahren in den Ruhestand ging. Seinem wachen Blick auf das Wachstum seines Kirchenkreises verdanken wir unter anderem die Siedlungskirche in Teltow. Diestel, als Mitglied der „Bekennenden Kirche“ führte den Kirchenkreis mutig durch die Zeit des Nationalsozialismus. Er war der letzte Superintendent von Kölln-Land I.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieg und der Besatzung Deutschlands durch die alliierten Truppen und der Auflösung der nationalsozialistischen Reichskirche wurde auch die kirchliche Landschaft neu geordnet. 1948 wurde der Kirchenkreis Kölln-Land I aufgelöst. An seiner Stelle wurden die neuen Kirchenkreise Wilmersdorf, Steglitz und Zehlendorf gebildet, die Kirchengemeinde Friedenau wurde dem - ebenfalls neuen - Kirchenkreis Schöneberg zugeteilt.
Die in der sowjetischen Besatzungszone verbliebenen Gemeinden Blankenfelde, Glasow, Jühnsdorf, Rangsdorf, Mahlow, Großbeeren, Heinersdorf, Diedersdorf, Kleinbeeren, Gröben, Siethen, Groß-Beuthen, Stahnsdorf, Ruhlsdorf, Klein-Machnow, Sputendorf, Teltow und die Anstaltsgemeinde des Diakonissenhauses Teltow wurden dem neuen Kirchenkreis Zehlendorf zugeordnet. Und deren Geschichte ging (s. o.) weiter…
Thomas Karzek