Gemeindehaus Teltow (Teil 1)

Nicht viele Teltower wissen, dass die Evangelische Kirchengemeinde in Teltow einstmals im Besitz eines eigenen Gemeindehauses war: Es befand sich am Rande der Altstadt auf der nördlichen Seite der Potsdamer Straße. Nach der früheren Nummerierung trug es die Hausnummer 41. Heute steht hier mit der (neueren) Hausnummer 32 in einem Nachkriegsbau die Kindertagesstätte „Teltower Rübchen“ des Eigenbetriebes der Stadt Teltow „MenschensKinder Teltow“. Eigentlich passt das ganz gut, denn auch die Kirchengemeinde betrieb hier, in ihrem damaligen Gemeindehaus, einen Kindergarten. Doch, von Anfang an…

Seitdem Berlin nach der Reichsgründung 1870/1871 Hauptstadt wurde und durch die fortschreitende Industrialisierung immer mehr Menschen in die Hauptstadtregion zogen, nahm auch die Einwohnerzahl in den Vororten Berlins um die Jahrhundertwende rasant zu. Das galt auch für Teltow. Lebten 1875 noch rd. 2.400 Menschen in Teltow, waren es 1925 mit gut 5.400 Menschen mehr als doppelt so viele. Im gleichen Maße nahm auch die Zahl der Kirchenmitglieder zu. Es gab mehr Teilnehmer im Konfirmandenunterricht und auch die Zahl der kirchlichen Vereine wuchs. Im Pfarrhaus in der Ritterstraße und in der Kirche in der Altstadt herrschte drangvolle Enge. Auf das Wachstum in den neuen Siedlungen im östlichen Bereich Teltows und in der zu Teltow gehörenden Gemeinde Schönow antwortete der damalige Kirchenkreis Kölln-Land I mit der Errichtung eines eigenen „Kreissiedlungspfarramtes“.  

Aber auch in der Altstadt wurde der Ruf nach mehr Räumlichkeiten für die Kirchengemeinde immer lauter. Eine erste Lösung zeichnete sich erst zum Ende des ersten Weltkrieges ab. 1918 gelang es dem Teltower Pfarrer und Superintendenten Waldemar Machholz (1876 – 1950) das Schifferkinderheim in Teltow, „das nicht mehr für den ursprünglichen Zweck verwendet werden konnte“, zu mieten. Hier fand „die neu belebte Jugendpflege und die neu geschaffene Kleinkinderpflege ihr Heim“. Fabrikleitungen, das Kriegsamt und der Evangelische Oberkirchenrat wurden zur Mitfinanzierung des Vorhabens aufgerufen. Drei Schwestern des Diakonissenhauses und ein Hausmädchen betreuten fortan hier ein Kleinkinderheim. Auch trafen sich hier die beiden Mädchenvereine und der Jünglingsverein.  

Jedoch war dies keine Dauerlösung. Es begann die Suche nach einem geeigneten Grundstück zum Bau eines eigenen Gemeindehauses, das von Anfang an auf die Bedürfnisse einer Kirchengemeinde zugeschnitten werden sollte. Ein ähnliches Projekt gab es bereits im Kirchenkreis: Für die ebenfalls stark wachsende Kirchengemeinde Steglitz wurde schon 1907 in der dortigen Mittelstraße ein Gemeindehaus errichtet. Ähnliche Vorhaben gab es auch in den Nachbargemeinden Lichterfelde und Zehlendorf, doch unterbrachen der erste Weltkrieg und die wirtschaftliche Notzeit danach die Planungen.

 

In Teltow sammelte man in der Aufschwungszeit der „goldenen zwanziger Jahre“ neuen Mut. 1922 kam Pfarrer Ulrich Otto Teichgräber (1881 – 1944) aus der Gemeinde Schwedt an der Oder nach Teltow. Unbelastet vom Superintendentenamt seines Vorgängers Macholz konnte er sich uneingeschränkt der Gemeindearbeit widmen, so auch dem Bau eines Gemeindehauses. Ein Grundstück hierfür fand man an der Hauptstraße Teltows, der Potsdamer Straße. 1925 konnte es vom Landwirt Franz Lehnhardt für 21.000 Reichsmark (RM) erworben werden. Für den Entwurf und die Bauleitung suchte die Gemeinde nun nicht irgendein Architektenbüro aus: 1926 wurden die Architekten Ernst und dessen Sohn Günther Paulus aus Berlin mit dem Bau des Gemeindehauses beauftragt. Ernst Paulus hatte sich bereits mit den Plänen für mehrere Kirchenneubauten in Berlin einen Namen gemacht, darunter u. a. die Heilig-Geist, die Erlöser- sowie die Reformationskirche in Moabit. Und noch einmal finden wir die Handschrift des Architekturbüros Ernst und Günter Paulus in Teltow. 1927 – 1928 wurde - fast vis à vis - an der Potsdamer Straße das Katasteramt und spätere Stadthaus mit dem damaligen Sitz des Bürgermeisters unter ihrer Leitung errichtet.  

Die geschätzten Baukosten betrugen für das Gemeindehaus Teltow 123.840 RM sowie für den Anbau eines Gemeindesaales in einem zweiten Bauabschnitt weitere 186.000 RM. Zum Bau des Gemeindesaales mit Emporen und 450 Plätzen ist es jedoch nicht gekommen. Das Photo, nach der Einweihung aufgenommen, zeigt für den geplanten Übergang eine glatte Brandmauer an der östlichen Seite des Gebäudes. Dafür wurden einige Räume im ersten Bauabschnitt als Mehrzweckräume geplant, da sie nur tagsüber von Kinderhort und Kindergarten belegt waren. Über dem Keller mit Heizungsanlage und Waschküche befanden sich im Erdgeschoss die Hausmeisterwohnung, Räume für Kinderhort, Kindergarten und entsprechende Wirtschaftsräume. Im 1. Stock befanden sich die Wohnung der Kinderheimschwestern, die Schwesternstation, Räume für die kirchlichen Vereine und die Jugendpflege, für Konfirmandenunterricht und Bibelstunde sowie ein Raum für Familienabende, Chorübungen und Sitzungen. Die Wohnung für die Gemeindeschwester und das Kinderheimmädchen befanden sich im Dachgeschoss. Die Hoffläche rechts und hinter dem Gebäude diente als Spielgarten. Die Bauzeit betrug ein Jahr von der Grundsteinlegung im November 1926 bis zur feierlichen Einweihung am 30. Oktober 1927. Schlussendlich wurde das Gemeindehaus zu einem Preis von 135.750 RM fertig gestellt.
 
Thomas Karzek

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